Emil Sulze


Emil Sulze (1832-1914) kann als Begründer der modernen Gemeindearbeit bezeichnet werden. Der frühe Kontakt zur der Frömmigkeit der Herrnhuter Brüdergemeinde prägte ihn ein Leben lang. Und das enge Zusammenleben der kirchlichen Arbeit auf dem Dorf war seine geistige Heimat. Er empfand die Entwicklung der Kirche in den Großstädten als Krise. Ihm ging es um Gemeinschaft und gläubiges Zusammenleben. Diese Werte sah er im städtischen Bereich als gefährdet an. 1872 übernahm er die Johannes Parochie Chemnitz mit 47 000 Gemeindegliedern. Wie sollte mit so vielen Menschen ein gläubiges gemeinschaftliches Leben entstehen, fragte er sich? Er entwickelte ein Modell, das geradezu aktuell in der derzeitigen kirchlichen Diskussion um die Gestaltung von Gemeindearbeit verstanden werden kann. Es sollte überschaubare Gemeinden geben, gegenseitige Seelsorge und praktische Hilfe sollten möglich werden. Ab 1876 setzte er als Pastor an der Dreikönigskirche in Dresden-Neustadt die Verwirklichung seiner Überlegungen fort. Die Großgemeinde erhielt mehrere Pfarrer und ihm verblieb ein Bezirk mit ca. 15000 Gemeindegliedern. Seine Region teilte er in drei Teile mit jeweils 5000 Mitglieder. Die Idee war, jeden Menschen persönlich zu erreichen und ein Netz zu spannen, durch das niemand verloren gehen könnte. Die gewählten Presbyter wurden zu „Bezirkshelfern“ und waren für ca. 200 Personen zuständig. Eine weiter Einrichtung waren die „Hausväter“, sie kümmerten sich um Personen in Mehrfamilienhäusern. Eine enge seelsorgerliche Begleitung und diakonische Hilfe war durch die Bezirkshelfer möglich. Sulze betreute „seine“ Gemeinde mit 2000 Bezirkshelfern. Er sah einen Zusammenhang zwischen „sittlicher Verfehlung“ und sozialer Not und bekämpfte Elend und Armut mit aller Kraft. Konsequenz war, dass, wenn einer trotz der Fürsorge durch die Gemeinde sein unziemliches Verhalten nicht änderte, er aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurde. Das Innovative in der kirchlichen Arbeit war außerdem, dass er Freizeitangebote machte. Kulturelle Aktivitäten und kirchliches Engagement wurden verbunden, ein Novum. Seit 1881 forderte Sulze aus dieser Form der Gemeindearbeit auch Konsequenzen für den Kirchenbau zu ziehen. Als Versammlungsraum der Gemeinde sollte die Kirche künftig „ein einheitlicher, emporenloser familiärer Raum mit Stühlen im Halbkreis oder in Hufeisenform um die ambonenartige Kanzel“ sein. Ihm sei ein Gemeindehaus für die Versammlungen innerhalb der Woche an die Seite zu stellen.


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