Hanna Jursch


Die Zeit der Frauen als Theologinnen und Pfarrerinnen bricht an. Es ist noch ein steiniger Weg bis es selbstverständlich ist, als Frau Theologie zu studieren und Pfarrerin zu sein. Vereinzelt fangen Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts an, Theologie zu studieren. Hanna Jursch (1902-1972), 1902 in Schlesien geboren, war eine davon. Im Wintersemester 1922/23 war sie die erste und einzige Frau, die sich an der Theologischen Fakultät der Universität Jena eingeschrieben hatte. Sie studierte bei Adolf von Harnack und lernte ein weltoffenes, kritisches Verständnis von Christentum kennen. 1926 machte sie Examen und 1934 war sie die erste habilitierte Theologin Deutschlands. Die Kirchengeschichtlerin engagierte sich in Frauenfragen, strebte aber keine eigene Ordination an. Für sie war Wissenschaft und Seelsorge kein Gegensatz, sondern verwandt und sich ergänzend und unterstützend. Als Lehrende begegnete sie ihren Studierenden wissenschaftlich anspruchsvoll und zugleich mütterlich. Sie hatte für jeden ein offenes Ohr und half in Nöten. Sinnbildlich zeigte sich ihr ganzheitliches Engagement, dass sie aufgrund des Platzmangels an der Universität, in ihrer Wohnung in Jena Lehrveranstaltungen abhielt. Ihre „Laienseelsorge“ zeigte sich auch in ihrem literarischen wirken, wo sie in Traktaten und Gedichten Menschen Mut machte. Durch ihre Gestaltungskraft gelang es ihr, geistige Freiräume, eine Art Gegenwelt zum Dritten Reich und zur SED-Herrschaft zu schaffen. Im Leid sah Hanna Jursch eine Möglichkeit zu reifen und eine tiefere Dimension von Glauben und Leben zu erreichen. Ihr ging es nicht darum, Leid zu verdammen, sondern in ihm eine Aufgabe für das Leben zu sehen: „… kommt uns heilger Wille, das Lied zu reifen in Gestalt und Stille, es einzureihn in unser breites Leben, und uns in Tätigkeit ihm hinzugeben.“.

An die erste Theologie lehrende Frau erinnert die EKD jedes Jahr mit einem Preis:

Der in 1999 beschlossene Förderpreis für herausragende wissenschaftlich-theologische Arbeiten aus der Perspektive von Frauen, wurde 2002 zum ersten Mal verliehen und danach jährlich. Der Preis wurde geschaffen, um die Positionen von Frauen an den Theologischen Fakultäten und in der theologischen Forschung zu stärken.


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