Altern (16)


Aufgaben des alten Menschen nach dem Alten Testament:

Die Gabe der Prophetie ist die Aufgabe aller Menschen. Wie können wir Prophetie verstehen, was bedeutet dieses Wort? Der Alttestamentler Hans Walter Wolff sprach von: der rückhaltlosen Selbstoffenbarung Gottes. Ich übersetze es mit meinen Worten als die Möglichkeit, für die Welt und das Leben wichtige Dinge frühzeitig zu erkennen und zu benennen. Visionen, Prophetie und Träume werden dem Menschen als Gabe Gottes zuteil, die Träume aber werden besonders den alten Menschen zugeordnet (Joel 3,1-3). Von Gott gegeben, beziehen sie sich, ähnlich den Visionen, auf das Entwerfen von Zukunft. Diejenigen, die selbst nur noch wenig irdische Zukunft vor sich haben, haben Träume und Visionen für eine Zukunft der Jungen, die Gott in ihnen wirkt. In prophetischer Vorhersage werden mutige Zukunftsentwürfe, die den Rang von Zusagen haben, durch alte Menschen den jungen Menschen angesagt.

Außer der Aufgabe der Prophetie, der Weltdeutung, haben Ältere die Aufgabe der Segnung und Fürbitte. Mose sieht das gelobte Land, in das er nicht mehr gehen wird (Dtn 32,49.52), und er sieht über den jetzigen Zustand seines Volkes hinaus, auf das, was kommen wird. Gott ist es, der ihm diese erweiterte Sicht gibt. Dieses „Mehr-Sehen“, „Mehr-Wissen“ des Mose wird in der Segnung der Stämme deutlich. Er sagt über den Stamm Asser, dass sein Alter wie die Jugend sei (Dtn 33,24). Hanna, die alte Frau, von der im Neuen Testament die Rede ist (Lk 2) gehört zum Stamm Asser. Sie ist alt, verhält sich aber „jung“, denn sie verkündet Jesus als den Heiland der Welt. Die Vorhersage von Mose hat sich bestätigt.

Für die ältere Generation heißt das, dass sie den Auftrag haben, den Jungen Älter-Werden und Sterben – Können vorzuleben. Eine Vorbereitung auf das Alter, ich möchte es Gerontoprophylaxe nennen, ist nur möglich, wenn Vorbilder da sind, auf die geschaut werden kann. Doch nicht nur im Blick auf Altern und Sterben, sondern gerade auch was die Vermittlung individueller Gotterfahrungen und Gottesbeziehungen betrifft, ist der alte Mensch in eine besondere Verantwortung für die folgenden Generationen gestellt.


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