Altern (32)


Zwischen Gelassenheit und Gleichgültigkeit

Wie kann ich es erreichen, im Alter ein gutes und gelassenes Leben zu führen? Ich kann das Leben annehmen, hinnehmen, das, was es sozusagen hergibt, und daraus etwas machen, zum eigenen und zum Wohl der anderen. Das gelingt mir dann, wenn ich von meiner Leidenschaft festzuhalten, Abstand nehmen kann und wenn ich vermeide aus Gelassenheit Gleichgültigkeit werden zu lassen. An einem guten Altersleben zu arbeiten, gleicht einem Seiltänzer. Es ist eine schwierige Aufgabe das Gleichgewicht auf dem Seil zu halten, es erfordert Mut, Selbstüberwindung und dauernde Übung. Auf jeder Seite lauert der Abgrund. Gelassenheit gelingt, wenn ich der Gefahr des Festhaltens und der Gleichgültigkeit nicht erliege, sondern mit Leichtigkeit und Spannung das Gleichgewicht auf dem Seil halte.

Es ist ganz gut eingerichtet, dass wir Menschen sozusagen täglich und andauernd, ob wir wollen oder nicht, loslassen müssen. Ich orientiere mich dabei am unserem Körper. Wir sind auf das Atmen angewiesen, der Atem ist unsere Existenzgrundlage. Aber genauso existenziell wichtig ist es, den Atem wieder loszulassen und auszuatmen. Wir atmen ein und aus. Wir sterben, wenn wir nur Sauerstoff aufnehmen und das Ausatmen vergessen. Ausatmen ist die Loslass-Übung überhaupt. Wir atmen so viel Sauerstoff ein, dass es einen Augenblick zum Leben reicht, dann atmen wir aus, lassen dieses Stück Leben los, um neu zu beginnen. Bewusstes Atmen ist eine erste Meditationsübung. Der Atem wird dabei intensiv wahrgenommen, ihm wird nachgespürt, wie er durch den Körper fließt und ihn belebt. Ebenso bewusst wird diese Lebenskraft losgelassen und ausgeatmet.

Eine Beziehung zu Gott zu haben, hilft mir, gelassen leben zu können. Wir können nicht tiefer fallen, als in Gottes Hand. Durch meinen Glauben vertraue ich darauf, dass mein Leben sinnvoll ist, auch in den Zeiten, in denen ich daran zweifle. Ich kann mein Leben in Gottes Hände legen und spüre bedingungslose Annahme, das macht frei. „In deine Hände befehle ich meinen Geist, du treuer Gott“, dieser Vers versinnbildlicht für mich das Abgeben-können von Sorgen und Angst um sich selbst und andere. Ein Anderer kennt den großen Zusammenhang!


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