„Man hätte meinen können, es handle sich für sie um ein Puppenspiel, wenn sie vom Gelübde hörte“, Johannes Calvin ermahnte ein junges Mädchen, die Schwester eines Freundes das Gelübde, das sie ablegen musste, um ins Kloster zu gehen, nicht leichtfertig, sondern wohl überlegt, abzugeben. Seelsorgliche Sensibilität zeichnete Calvin schon in seinen jüngeren Jahren aus. Er wurde 1509 in Nordwestfrankreich geboren, kam mit dem Humanismus in Berührung und musste Frankreich 1534 verlassen, weil er sich zur Reformation bekannte. In Genf gelandet, musste er seine Lehrtätigkeit dort erweitern und mit der Arbeit eines Pfarrers verbinden. Hier entstanden seine seelsorglichen Predigten und Hirtenbriefe. Es ging ihm um die Ehre Gottes und die Ruhe des Gewissens. Einem an der Pest erkrankten Vater, der den Tod seines Sohnes, der Calvins Schüler gewesen war, beklagen musste, schriebt er: „Denn solche Lebensklugheit lernen wir in Christi Schule nicht, dass wir die uns von Gott gegebenen menschlichen Gefühle ablegen und aus Menschen Steine werden.“ Er ermutigte den Vater seine Trauer zu zulassen, auch ein Christ darf zu seinen evtl. vom Schmerz überwältigten Gefühlen stehen. In den 40er Jahren wurde er zum geistigen Führer des Protestantismus in Europa. In Fragen der Seelsorge war diese für ihn von der Einbettung in der Gemeinde nicht zu trennen. Gemeinde war für ihn die Gemeinschaft, in der regelmäßig Unterricht, Gottesdienst stattfand und in der soziales Engagement selbstverständlich praktiziert wurde. Die dort gelebte Abendmahlsgemeinschaft sollte jedem Einzelnen wie ein tragendes Netz sein. Die Fürsorge und Fürbitte der Gemeinde für die Qualen Einzelner war ihm genauso wichtig wie die Bitte für die Weltgemeinde. Denn der Blick vom eigenen Leid weg auf das Leiden anderer erweitert den Blick und löst aus der Fixierung auf eigene Probleme. Die Gemeinde als soziale Größe ist zuständig für Wohl und Wohlergehen ihrer leidenden Glieder. Die Verbindung von Individuum und Gruppe, die Einbindung in eine soziale Gemeinschaft und die Verantwortung füreinander war Calvin wichtig, er kommt damit modernen Erkenntnissen der psychotherapeutischen Beratung nahe, die für die seelische Gesundheit ein stabiles menschliches Umfeld für nötig hält.