Gut oder Böse


Röm 7, 18-24

Ich weiß ja, dass in mir, das heißt in meiner eigenen Natur, nichts Gutes wohnt.  Obwohl es mir nicht am Wollen fehlt, bringe ich es nicht zustande, das Richtige zu tun. Ich tue nicht das Gute, das ich tun will, sondern das Böse, das ich nicht tun will. Wenn ich aber das, was ich tue, gar nicht tun will, dann handle nicht mehr ich selbst, sondern die Sünde, die in mir wohnt.

Ich stelle also folgende Gesetzmäßigkeit bei mir fest: So sehr ich das richtige tun will – was bei mir zustande kommt, ist das Böse. Zwar stimme ich meiner innersten Überzeugung nach dem Gesetz Gottes mit Freude zu, doch in meinem Handeln sehe ich ein anderes Gesetz am Werk. Es steht im Kampf mit dem Gesetz, dem ich innerlich zustimme, und macht mich zu seinem Gefangenen. Darum stehe ich nun unter dem Gesetz der Sünde, und mein Handeln wird von diesem Gesetz bestimmt.

Ich unglückseliger Mensch! Mein ganzes Dasein ist dem Tod verfallen. Wird mich denn niemand aus diesem elenden Zustand befreien?

Gut oder böse - oder beides?

„Warum passiert mit das?“  - die Frage, die  immer wieder gestellt wird und hinter der sich die Frage nach dem Bösen in der Welt versteckt?

Warum gibt es das Böse, das mir als Leid begegnet oder als Gewalterfahrung und wie kommt es in die Welt?

Diese Fragen haben sich die Menschen immer gestellt und werden sich wohl auch immer stellen. Im ersten Testament haben sich die Menschen die Frage mit der Erzählung von Adam und Eva beantwortet. In der Paradiesgeschichte übergibt Gott  zwei Menschen, die erwachsen geworden sind, die Verantwortung für die Welt. Von beiden Menschen wird berichtet, dass sie selbst entscheiden wollten, was tun wollten, deshalb haben sie von dem Baum gegessen, von dem Gott nicht wollte, dass sie essen. Die Konsequenz ist, dass Gott die Menschen in die Verantwortung für ihr Tun stellt.

Die Verantwortung für die Welt zu haben, bedeutet, das in jedem Tun und Handeln  das Gute wie auch das Böse möglich ist. Bei allem Tun und Handeln ist beides möglich: das Böse oder das Gute. Es gibt immer „zwei Seiten einer Medaille“. Die Entdeckung der Kernspaltung bedeutet einen Fortschritt für die Menschheit, gleichzeitig ist damit die Atombombe, die größte Gefahr für die Menschen erfunden. Die Altermedizin birgt mit anderen Bedingungen zusammen die Möglichkeit, dass Menschen sehr alt werden können. Viele können schöne Jahre im Alter genießen, aber die Verlängerung des Leidens und Sterben ist gleichzeitig auch gegeben.

Es gibt das Gute nur mit dem Bösen, dem Schlechten (2 Seiten einer Medaille), nur, indem das Schlechte erfahren wird, können wir das Gute erkennen. Wüssten wir ohne das Böse wie gut das Leben sein kann?

Gut und Böse - wie kann man das unterscheiden?

Gut und Böse ist nicht leicht zu unterscheiden. Manchmal entspringen guten Taten böse Folgen – „es war doch nur gut gemeint“, dient dann als Entschuldigung. Eine überbehütete Erziehung, die es zu gut mit einem Kind meint, führt zu den gleichen Folgen wie die Verwahrlosung von Kindern, ein gewissen Form des Asozialseins, sich  sozial nicht angepasst, gemeinschaftlich verhalten zu können. „Gutheit is en Deil von Littrichkeit“ – ständig gut  sein wollen, damit  man immer lieb Kind ist , bedeutet, dass man sich bestimmten  lässt von anderen, ihnen zu Liebe Dinge tut, von denen man nicht überzeugt ist oder die man nicht tun will.

Gut und Böse heute zu unterscheiden, erscheint schwieriger als früher. Anfang des letzten Jahrhunderts war durch die Tradition und die Rollenvorgaben deutlicher zwischen gut und böse zu unterscheiden. Ehebruch war Ehebruch – heute spricht man von Zerrüttung. Die Normen der 10 Gebote: du sollst nicht lügen. Lügen gehört in vielen Bereichen zur Tagesordnung, z.B. in der Politik bei Wahlversprechen etc. . Du sollst nicht töten, sagen die Gebote: wir unterscheiden zwischen Notwehr, Mord etc., klassifizieren die Beweggründe, niederer Beweggrund z.B..

Was ist gut, was ist böse  - für heute gilt:

Allein schon die Erkenntnis, wenn ich etwas Böses tue, ist etwas Gutes.

Das Böse ist das Fehlen des Guten.

Das Böse ist da- die Versuchung es zu tun auch. Jesus würde auch versucht: ihm wurde zu essen angeboten, als er hungerte, ihm wurde Macht angeboten – und er widerstand.  Aber manchmal verbirgt sich das Böse. Es ist dann da, wenn wir uns nicht entscheiden und nicht handeln und meinen dabei die „Hände in Unschuld“ waschen zu können (Pilatus).

Eine Geschichte erzählt, dass eine lange Warteschlage vor der Hölle steht. Der Teufel hat Probleme die Plätze zu verteilen und wählt sorgfältig aus. „Was hast du gemacht“ fragt er den ersten Menschen am Anfang der Schlange. „Ich habe Ziaretten geklaut, lass` mich rein.“ „Nein“, sagt der Teufel, „das ist zuwenig, das geht !“ Er befragt den nächsten: „und Du, was hast du angestellt?“. „Ich habe immer wieder gelogen.“ „okay – und du?“, fragt er den Nächsten, „ich weiß nicht, warum ich hier stehen muss,“ antwortet dieser. „Ich habe wirklich in meinem ganzen Leben nichts Böses getan. Neben mir im Zug wurde ein Zugbegleiter angegriffen- ich habe mich da aber nicht eingemischt.  Ein anderes Mal habe ich beobachtet, wie ein Mensch bei einem Unfall ums Leben kam, die haben zeugen gesucht, ich habe mich da rausgehalten. du siehst, lieber Teufel, ich habe wirklich nichts getan!“ „Ja“ sagte der Teufel, „das habe ich gehört. – Du, du darfst rein – du kriegst den letzten Platz in der Hölle.“ Und als dieser Mensch am Teufel vorbei in die Hölle ging, passte der Teufel genau auf, dass er mit diesem Menschen nicht in Berührung kam.

Nichts zu tun, Böses zu  zu lassen, das ist das Böse selbst. Wenn Menschen sich nicht entscheiden in ihrem Leben, z.B. aus Angst das Böse zu tun, dann tun sie das Böse, weil sie das Gute nicht versuchen und das Böse zu lassen, dem Bösen Raum geben, wie die Geschichte erzählt.

Das Böse ist das Fehlen des Guten.

Das Böse

Das Böse ist der Verstoß gegen die gute Ordnung der Schöpfung. Es ist zerstörerisch.

Welche Vorstellungen haben wir von dem sogenannten Bösen? Luther hatte als Kind seiner Zeit klare Vorstellungen vom Teufel, eine personale. Er fürchtet ihn sehr und erzitterte vor seiner Existenz, die er wahrnahm. Er fastete und betete, um nicht in den Bannkreis von ihm zu geraten. Wir sprechen von dem Bösen, beten im Vater unser: erlöse uns von dem Bösen. Das Böse wird als Macht wahrgenommen. Das Böse gefährdet unser Sein in jeder Hinsicht, psychisch und seelisch.  Das Böse ist nicht harmlos, es stellt jede Selbstgerechtigkeit in Frage. Der Pharisäer, der sich hinstellt und über einen anderen erhebt, verfällt dem Bösen, der Selbstgerechtigkeit.  Es stellt sich zwischen Gott und Mensch. Wie können wir dem Bösen entrinnen? Der Sünde, der Trennung von Gott und Mensch entkommen?  Indem die Perspektive auf das Böse verändert wird. Es wird einmal als gegeben und bedrohlich wahrgenommen und zweitens als Aufgabe verstanden, es zu überwinden, deshalb die Bitte im Vater unser. Jeden Tag sind wir neu herausgefordert, uns der Frage, was ist gut oder böse, richtig oder falsch, den Entscheidungen zu stellen. Die Bitte an Gott, uns bei zu stehen, hilft. „Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse durch das Gute.“ (Röm12,21)

“ Der Mensch kann das vernunftmäßig Richtige nur aus der Beugung vor dem Heiligen tun, das heißt durch Abgabe seiner scheinbaren Souveränität an Gott, ..und damit die Einsicht, dass er aus Gnade lebt und nur aus ihr leben kann.“ (Ev. Aspekte 3/10, Franz Oeters, Dr. der Naturwissenschaft und Chemiker).

Wie sieht das konkret im Alltag aus. Z.B. so, dass ich die Dinge, die ich für richtig halte, nicht vom anderen erwarte. Viele von uns, erwarten Höflichkeit. Wie stehts damit, es nicht zu erwarten, sondern zu praktizieren? Alles, was ich für gut halte und von anderen wünsche oder es will für diese Welt, bin ich aufgerufen, selbst zu tun. Keine Ansprüche an andere stellen, bedeutet, sich der Mühe zu unterziehen, das Gute selbst zu tun! Wenn wir etwas verändern wollen, ist es zuerst an uns, uns selbst zu verändern, dann verändert sich alles andere auch. Vorbild sein -das ist die innere Haltung, um hilfreich zu handeln, es ist nicht das Aushängeschild (Pharisäer).

Das Erkennen von gut und böse.

Es ist gut zu wissen, dass das Böse immer wieder stärker sein kann als ich, wie Paulus sagt: „Ich weiß ja, dass in meiner Natur nichts Gutes wohnt. Obwohl es mir nicht am Wollen fehlt, bringe ich es nicht zustande das Richtige zu tun. Ich tue nicht das Gute, das ich tun will, sondern das Böse, das ich nicht tun will „. Um dem Bösen zu widerstehen, muss ich es erkennen, unterscheiden können, was gut und böse ist. Die Möglichkeit des Bösen ist jederzeit ein Teil von mir selbst. Das zu erkennen und als eigenen Anteil von mir zu integrieren, ist ein Schritt auf das Gute zu. Ich sehe in mir, wie Paulus die immerwährende Möglichkeit des Bösen, ich brauche das Böse nicht beim Anderen zu suchen und dort zu bekämpfen. In der Psychologie spricht man von Projektion. Dabei hilft das Gebet, das Gespräch mit mir selbst und mit Gott.

Beten ist nicht so einfach! Das zeigt auf humorvolle Weise folgender Witz: „Ein Taxfahrer und ein Pfarrer stehen vor der Himmelstür. Dem ersten wird sofort Einlass gewährt. Beim Pfarrer gibts Probleme. Warum verwehrt man mir den Zutritt?“ protestiert der Pfarrer. Darauf sagt Petrus: „Sieh mal: bei dir in der Kirche haben die Leute vielfach geschlafen. Aber bei dem Taxifahrer haben sie während der Fahrt immer gebetet.“

Durchs Beten erkenne ich viele Dinge, weil ich nicht alleine auf mich und meine Natur, wie Paulus schreibt angewiesen bin. Im Beten ist ein „Mehr“ vorhanden, das unterscheiden hilft.

Beten ist nicht so einfach. Es gibt eine Vorform des Betens, die wir so ziemlich alle hervorragend beherrschen – es ist das Schimpfen. Stellen sie sich vor, ihnen reißt bei Fahrradfahren eine Kette. Sie sind sauer und schimpfen laut: “ So ein Mist!“ Mit wem reden sie? Mit dem Fahrrad? Das ist totes Material! Mit sich selbst – wohl auch nicht – sie sind doch das Opfer. Also? Dann kann sich ihr Ausspruch ja noch an Gott richten – oder? Also ist das Schimpfen eine Vorform des Gebets- und da wir ja alle so gut schimpfen können, werden wir auch sicher bald sehr gut beten können!

Darum: „Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse durch das Gute.“ (Röm12,21)  Dieser Satz ist Anspruch, vor allem aber auch Zuspruch.  Es gibt immer wieder den Weg zum Guten und am Ende lässt Gott „alles gut sein“.


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