Altern (36)

Viktor E. Frankl, der Begründer der Logotherapie, war Arzt und Psychotherapeut, er lebte von 1905 bis 1997.  Als Jude fühlte er sich seinem Glauben und dem damit verbundenen Menschenbild verpflichtet. 1942 wurde er deportiert,  seine Familie starb, er überlebte Ausschwitz und schreib das Buch „…trotzdem ja zum Leben sagen“.

Die Logotherapie ist keine Therapieform, die Religion oder Glauben als krankhaft ansieht, sie sind für ihn Teil, ja Grundlage des menschlichen Lebens. Seine Ausführungen über das Menschenbild, speziell über das Alter, den Tod und die Vergänglichkeit können für viele Menschen heute hilfreich sein.

Im Gegensatz zu anderen psychologischen Theorien bietet der logotherapeutische Ansatz ein Konzept, das christlich-theologischen Inhalten in besondere Weise nahesteht. Es legt den Menschen nicht auf eine psychologische Theorie fest, vielmehr bezieht das logotherapeutische Menschenbild den Geist als anthropologische Grundkonstante in die Überlegungen vom Mensch-Sein mit ein.

Frankls Verständnis der Vergangenheit ist bereichernd, da sie in einfühlsamer Weise eine andere Sicht des Vergangenen vermittelt als gemeinhin üblich. Die gelebte Zeit wird von den meisten Menschen unter dem Aspekt der Flüchtigkeit gesehen. Er spricht in folgendem Bild: die Stoppelfelder der Vergänglichkeit werden oft im Alter betrachtet und nicht die vollen Scheunen der Vergangenheit.

Die Stoppelfelder der Vergänglichkeit werden betrachtet und nicht die vollen Scheunen der Vergangenheit. Es wird an den vergangenen Dingen nur gesehen, dass sie nicht mehr sind, in welche Speicher sie gekommen sind, wird nicht gefragt. Er lenkt den Blick darauf, dass nichts vom Gewesenen verloren ist, alles ist aufgehoben, das heißt bleibt ein Teil des Lebens. Frankls Einsichten können die Einstellung eines Menschen zu seiner Vergangenheit verändern. Der älter werdende Mensch kann  seine Vergangenheit als kostbares Gut anzunehmen. Wertvoll ist Frankls Sicht der Vergangenheit, weil sie als etwas Unverlierbares, theologisch gesprochen in Gott Aufgehobenes, dargestellt im Bild von der gefüllten Scheune, verstanden wird.


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