Hieronymus


Was fällt ihnen ein, wenn Sie Hieronymus hören? Vielleicht, dass er zurückgezogen, als Eremit in der Wüste, sein Dasein verbrachte? Das stimmt, ist aber nur ein kleiner Teil seines Lebens, das 374 im Gebiet des heutigen Slowenien begann. Er entstammte einer wohlhabenden christlichen Familie und erhielt eine gründliche und solide Ausbildung in Rom, die er in späteren Jahren durch das Erlernen der hebräischen und griechischen Sprache erweiterte. Er übersetzte die biblischen Texte ins Lateinische (später Vulgata genannt). Der als streitbar bekannte Kirchenvater und engagierte Theologe, tat sich als Seelsorger vor allem in Briefen hervor. Er reagierte auf persönliches Leid einzelner und nahm Anteil am Schicksal anderer Menschen. Ob seine Form der Briefseelsorge als Vorläufer der heutigen Seelsorge oder Beratung per Email betrachtet werden kann, sei den Überlegungen der Lesenden überlassen. Aber was ist das Besondere seiner Seelsorge? 125 Briefe aus seiner Feder kennen wir und Hieronymus selbst hat begonnen, diese zu sammeln.

Steckt hinter den Briefen, die er Menschen geschrieben hat, die Krisen, Kummer und Tod erlebten, ein Konzept der Seelsorge? Sicher hat er keine Seelsorgelehre verfassen wollen, er geht sehr persönlich auf jeden Fall ein. Er stellte sich den Ratsuchenden an die Seite. Heute sprechen wir von Empathie zeigen. Den Trost, den er gab, entnimmt er den biblischen Schriften.

In seinem Brief an die erkrankte Marcella, die den irdischen Lebensfreuden sehr zu getan war, schrieb er, dass sie ihre Krankheit geduldig annehmen soll, denn vor ihr hätten schon Abraham, Petrus und Paulus gelitten und vielleicht solle sie lernen, dass die weltlichen Freuden nicht das Entscheidende im Leben sind. Hieronymus versuchte, dem Leiden einen Sinn abzugewinnen und dieses den Ratsuchenden „schmackhaft“ zu machen. Er wollte, dass die, die sich an ihn wenden und die ihm wichtig sind, etwas aus ihrem Leben, aus ihrem Leiden lernen in Sinne des biblischen Zeugnisses. Sie sollten Schuld bekennen, Krankheit und Tod annehmen, Unsicherheit aushalten und Verantwortung für den Nächsten übernehmen. Auch, wenn sich für unsere Ohren seine brieflichen Interventionen hart und rigide anhören, so ist das Ziel seiner Seelsorge, die Ermutigung zum Leben.


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