Schluss


In dieser Serie wurde das Seelsorgeverständnis quer durch einige Jahrhunderte aufgeschlagen. Vom Blick auf die seelsorgerlichen Hilfen in der Bibel angefangen ist der Weg über die Losungen der Herrnhuter Brüdergemeinde gewandert und beim heutigen Seelsorgeverständnis angekommen. Vieles, was die zeitgemäße Seelsorgearbeit beschäftigt, war auch Thema früherer Zeiten. Das Zuhören und Empathisch-Sein und die eigene Persönlichkeitsbildung seien hervorgehoben. Es geht um Stärkung des Ichs und um ein mit sich selbst, den anderen und Gott in Einklang befindlichen Lebens. Nachgezeichnet mit einem Sprachbild von Bernhard von Clairvoix, der sagt: „Darum, wenn du weise bist, sei ein Becken, kein Leitungsrohr. Denn ein Leitungsrohr nimmt auf und gibt zur gleichen Zeit wieder ab, ein Becken dagegen wartet, bis es voll ist, und dann teilt es ohne eigene Verluste aus seiner Fülle mit.“ Mit einem aus der Mode gekommenen Begriff der „Herzensbildung“, wird das umschrieben, was Seelsorger der früheren Jahrhunderte geübt und entwickelt haben.

„Wer im klösterlichen Leben und im Glauben fortschreitet, dem wird das Herz weit, und er läuft in unsagbarem Glück der Liebe den Weg der Gebote Gottes“, dieser Satz von Benedikt von Nursia hat zum Beispiel einiges gemeinsam mit der „gewaltfreien Kommunikation“, die ein friedliches Miteinander unter Menschen in allen Bereichen erreichen will. Um sie zu praktizieren, gilt es, in den Gesprächen auf den anderen einzugehen, seine Sicht der Dinge und seine Bedürfnisse wahrzunehmen ohne diese zu bewerten. Das, was der andere von sich preisgibt, wird nicht mit den eigenen Kategorien gemessen. Wenn man auf Hildegard von Bingen schaut, hören sich ihre Überlegungen dem systemischen Beratungsansatz verwandt an. Sie war der Überzeugung, dass „alles einander Antwort gibt“. Systemisches Denken geht davon aus, das Menschen in wechselseitigen Beziehungen leben, die vergleichbar mit einem Mobile sind. Wird an einer Stelle bewegt, setzt sich das Ganze in Schwung.

Seelsorge ist Begleitung und Beistand. In beiden Worten steckt die Aufgabe. Standhalten, wenn ein anderer nicht mehr stehen kann und mitgehen, bis der andere sich wieder alleine auf seine Route begeben kann. Seelsorge ist ein Wechselgeschehen, das die Einzelnen bewegt, immer aber auch im Kontext des Weltübergreifenden, im Gottesraum, eingebettet ist.


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